
Es ist mehr als ein Projekt, es war eine Familie, die ich hier gefunden habe …
Als ich 11 Jahre war hörte ich zum ersten Mal das Jugendsinfonieorchester von DaCapo, als sie im Konzertsaal der Universität Uladech in Chimbote spielten. Es war mein erster Kontakt mit der Musik und die verschiedenen Klänge und Instrumente haben mich so in ihren Bann gezogen, dass ich mich erinnere, wie ich gesagt habe: „Da oben möchte ich auch sein!“. Wenige Tage später besuchte ich meinen ersten Kurs in Musiktheorie und Blockflöte im Centro Cultural Centenario, ein Ort an welchem viele Kinder und Jugendliche ihre Freizeit verbringen, spielen, malen, tanzen und proben.
Die grünen Wiesen und bunt bemalten Wände sind wie gemacht für einen Ort, wo sich die Kultur und Kunst in Chimbote entwickeln kann – ein sehr herzliches Ambiente.
Nach einiger Zeit hatte ich genügend Grundlagen gelernt, sodass ich mir ein Orchesterinstrument aussuchen durfte. So habe ich auch meinen ersten Lehrer, Paul, kennen gelernt. Auf seinem Cello spielte er das Thema von Pink Panther und die Art und Weise, wie er die Noten miteinander zu einer Melodie verband und seine tiefen Saiten mit einem unglaublich warmen Ton erklingen ließ begeisterte mich völlig. Während meines ersten Jahres mit dem Cello hatte ich verschiedene Lehrer:innen und Freund:innen, die mich unterstützten, sodass ich von Tag zu Tag immer besser wurde. Jeden Tag, kurz vor Schulschluss, stieg die Freude in mir, weil ich wieder an diesen Ort zurückkehren konnte, an dem ich die Musik mit anderen Leuten teilen konnte. Ich machte schnell Fortschritte und durfte im zweiten Jahr bereits im OSIJCH – dem Jugendorchester – mitspielen. Mein Wunsch, als ich das Orchester das erste Mal erleben durfte: Ich hatte es geschafft.
Seit 9 Jahren spiele ich nun im Orchester und konnte miterleben, wie sich das Orchester weiterentwickelte und gewachsen ist. Viele verschiedene Dirigenten, Freiwillige und Lehrer:innen haben uns ihre Art der Musik näher gebracht und uns beigebracht, ihre Sicht auf die Dinge zu sehen. Es war immer mehr als nur ein Orchester, eher eine Familie, die zusammenhält, aber auch gemeinsame Regeln respektiert und Pflichten erfüllt. Das Orchester wurde immer größer, manchmal gab es mehr Mitspielenden als verfügbare Instrumente, aber es wurde immer alles erdenklich Mögliche getan, damit alle im Projekt dabei sein konnten. Mit mehr als 100 Musiker:innen im Projekt spielten wir Konzerte mit Filmmusik, Rockmusik, klassischer Musik, peruanischer Musik und vielem mehr.
Ich bin wahnsinnig dankbar, dass das Projekt mich mit aufgenommen hat und mir die Möglichkeit geboten hat, all diese Erfahrungen zu machen, die mich als Musiker wachsen ließen. Ich bin dankbar für meine Lehrer:innen, angefangen mit Paul, Inka, Sabiha, Annika, David, Mia, Valeska, Paulina, Maike und jetzt im Moment Verena, die sich alle die Zeit nehmen, uns die Kunst der Musik zu vermitteln. Ich danke jedem Dirigenten, der das Orchester dirigiert hat, weil sie mir alle vermittelten, geduldig zu sein, zu warten, zuzuhören und als Einzelperson Teil eines großen Ganzen zu sein – sie haben uns [Schüler:innen] für das Leben geprägt. Sie sagten uns: „Das was ihr hier lernt, werdet ihr später in der Gesellschaft anwenden können.“ In der Musik muss man zuhören können, den Zusammenhalt verstehen und sich gemeinsam Ziele setzen, die nur mit der Hilfe aller Beteiligten erreicht werden können.
Genauso möchte ich auch Silvia Diestra, der Leiterin des Kulturzentrums, danken, die dieses wunderschöne Projekt hier in Chimbote erst möglich macht. Auch meinen Eltern danke ich, weil sie mich eines Tages zu diesem ersten Konzert gebracht haben, dem Moment als ich das Orchester zum ersten Mal hörte. Ab diesem Moment wurde die Musik Teil meines Lebens und brachte mich zu all den tollen Erfahrungen, die ich mit dem Orchester machen durfte. So habe ich mich dazu entschieden, mein Leben weiter mit der Musik zu verbringen und diese schöne Kunst mehr Menschen nahe zu bringen. Ich möchte der Welt zeigen, wieviel Talent es hier, in meinem Hafen Chimbote, gibt und, dass es ein Projekt gibt, welches diese Kunstform vermittelt und so viele tolle Menschen miteinander vereint und ausbildet.
Danke DaCapo.
Sebastián Azaña

Das Projekt öffnete mir die Türen in eine unbekannte Welt
2013 folgte ich der Einladung eines Mitglieds des Orquesta Sinfónica Juvenil, so kam ich zum ersten Mal in das Centro Cultural Centenario (CCC). Klassische Musik war damals etwas völlig Neues für mich, in einem Sinfonieorchester zu spielen noch viel mehr.
Dank der Hilfe meiner damaligen Trompetenlehrerin konnte ich wenige Monate später in das Orchester eintreten und mein erstes Konzert gemeinsam mit einem deutschen Orchester spielen.
Das Ambiente im CCC war immer sehr angenehm und so genoss ich sehr, dass ich die Nachmittage nach der Schule dort verbringen konnte. Das Kulturzentrum bot mir die Möglichkeit einen der Räume zu nutzen, um Trompete zu üben, das war in meiner Situation damals sehr gut und hat mir sehr geholfen.
Anfang 2016 bot sich zum ersten Mal die Gelegenheit nach Deutschland zu reisen. Gemeinsam mit einigen Mitgliedern des Orchesters nahmen wir an einem Orchesteraustausch nach Berlin teil und konnten so das Land, von dem wir über die Freiwilligen schon einiges gehört hatten, kennen lernen. Diese Erfahrung war so interessant, dass ich wusste, ich würde zurückkehren, um hier Musik zu studieren. 2017 konnte ich durch die Hilfe einiger Freiwilliger nach Deutschland ziehen.
Um die Reisekosten zu decken, boten mir unser damaliger Dirigent, Antoine Duhamel, und die Leitung des CCC an, ein Konzert zu organisieren und so das Orchester noch im gleichen Jahr zu dirigieren.
Dank der Unterstützung des Projektes und verschiedener Personen, die mich in meiner musikalischen Entwicklung geprägt und begleitet haben, habe ich heute die Möglichkeit in Deutschland Orchesterdirigat zu studieren und mit professionellen Orchestern zu arbeiten – etwas das sicherlich nicht passiert wäre, wäre ich nicht in die Welt der klassischen Musik eingetaucht.
Dayner Tafur-Díaz

Ich hörte ein sehr tiefes Instrument, eine Stimme die vibrierte
Ein Blockflötenkurs – so fing 2012 alles im Centro Cultural Centenario (CCC) an. Ich war schon immer sehr an Musik interessiert, wenn ich auch fast nichts über sinfonische und klassische Musik wusste. Nachdem der Kurs beendet war, wurde ich eingeladen in das Orchester einzutreten, wofür ich natürlich zunächst ein sinfonisches Instrument lernen musste. Ich war sehr aufgeregt, ich hatte das Orchester bereits in mehreren Konzerten gehört und freute mich darauf bald mitspielen zu dürfen.
Das CCC war für mich immer ein sehr offener, angenehmer Ort, schnell entwickelte es sich zu meinem zweiten Zuhause. Ich fing an Cello zu spielen und, wenn ich ganz ehrlich bin, das Cello ist ein wahnsinnig schönes Instrument, nur leider war es nicht ganz das Richtige für mich. Nach sieben Monaten Cellounterricht hörte ich ein sehr tiefes Instrument, eine Stimme die vibrierte: taa, taa, taa – der Kontrabass.
Ich begann Kontrabassunterricht zu nehmen, fuhr dafür immer in die 3 Stunden entfernte Stadt Trujillo und langsam versank ich immer tiefer in der Welt der Musik. Es viel mir leicht zu den Proben zu gehen und zu üben. 2016 hatte ich die große Gelegenheit, mit einigen Mitgliedern des Orchesters nach Deutschland zu reisen: mein Horizont erweiterte sich plötzlich immens.
Heute lebe ich in Berlin und spiele weiterhin viel Kontrabass im Orchester.
Dem CCC bin und werde ich immer sehr dankbar sein, mich mit der Musik bekannt gemacht zu haben!
Giovanni García

Musik ist für alle da!
Lernt man ein Musikinstrument so beginnt man damit typischerweise im Jugend- oder sogar Kindesalter. Bei mir ist dies nicht der Fall. Ich habe diese Entscheidung, Musik zu machen, erst nach meinem Universitätsstudium getroffen, da ich vorher nicht die Möglichkeit dazu hatte. Meine ersten Unterrichtsstunden hatte ich mit Niklas, einem damaligen Freiwilligen aus Deutschland im Centro Cultural Centenario.
Danach bei Johanna, einer weiteren deutschen Freiwilligen, die für mich inzwischen wie eine Schwester ist, denn auch das ist und bedeutet Musik: eine Familie! Jenny-Marie, Johanna, Annika, Lehrerinnen, die sich zu Freundinnen entwickelt haben und das hat bis heute nicht aufgehört. Inzwischen habe ich bei Genesis, einer Geigenlehrerin und Freundin im Centro Cultural Centenario, die aus Venezuela stammt, Unterricht. Sowohl musikalisch als auch persönlich konnte ich wahnsinnig viel bei ihnen lernen, habe mich stets zu Hause gefühlt und immer ihr großes Engagement und ihre Liebe zur Musik und dem Unterrichten gespürt und tue es noch! In diesem Prozess, von den ersten Versuchen auf der Geige, bis zum Spielen Dvoraks neunter Sinfonie mit dem Jugendorchester im Februar 2020 ist das Orchester ein wichtiger Teil von mir geworden. Es hat mein Leben verändert und wird immer in meinem Herzen sein. Es ist eines der Dinge, die ich am meisten liebe, einen großen Einfluss auf mein Wohlbefinden hat und auch einen immensen Einfluss auf meine Gesundheit hat! Genauso auch für unsere Zuhörer, Freunde und Familien in Konzerten, die so eine ganz neue, unbekannte musikalische Welt kennenlernen konnten.
Die Musik rettet und gibt viel Kraft im Leben. Sie hat großes heilendes Potenzial, davon bin ich überzeugt, denn mit mir hat sie (die Musik) genau das gemacht! Musik kann Grenzen brechen, Ängste, Unsicherheiten, einen aus der Komfortzone bringen und vor allem erweitert sie Seele und Geist. Das Orchester ist inzwischen zu einer großen Familie geworden und diese Familie heißt jede und jeden, der sich dafür begeistert und ein Teil von ihr sein möchte, herzlich willkommen! Die Musik ist für alle da! Lasst uns genau das weitermachen!
Carmen Violeta Sánchez Villegas (Schülerin des Orquesta Sinfónica Juvenil)